Stimme trainieren: Vokale singen

Einführung und Wirkung

Alle Vokale bilden tönende Räume ...

... vorausgesetzt sie werden entsprechend hervorgebracht. Ein gepreßtes A beispielsweise, wie es viele sprechen, werden die meisten Hörer noch als A identifizieren können, doch solch ein A schwingt nicht, es erzeugt keinen tönenden Raum. Für die Alltagsverständigung mag das zwar ausreichend sein, aber für bestimmte Übungen oder Rituale sind diese Schwingungen essentiell, die du als mehr oder minder starke Vibrationen im Körper spüren kannst und sollst. Mit Hilfe dieser Vibrationen können Muskelverspannungen gelockert und der ganze Körper enorm dynamisiert werden.

Für unsere Übung verwenden wir die Grundreihe der Vokale, also:

U - O - A - E - I

Die Grundreihe entspricht nicht der Reihenfolge der Vokale im Alphabet, sondern entsteht aus der natürlichen Lautbildung. Sehr schön erkennen kannst du das an der Stellung der Lippen. Sie sind beim U am weitesten vorgeschoben und zugespitzt, werden über das O, dann über den Grundton A, weiter über das E immer mehr zurückgezogen und breiter, bis sie schließlich im I ihre Extremstellung erreichen.

Unter "Durchführung" erfährst du die exakte Lippen- und Zungenstellung jedes Vokals.

Durchführung der Stimmübung

Wir werden die Vokale in der Reihenfolge einüben, wie es unseren Erfahrungen nach am einfachsten funktioniert.

Der Vokal A

Das A bildet die harmonische Mitte, den Ausgleich zwischen den beiden Extremen U und I. Von allen Vokalen ist die Mundstellung beim A am entspanntesten.

Die Stellung von Mund, Lippen und Zunge:

  • Beim Sprechen des A ist der Mund weit geöffnet - bitte nicht aufreißen und auch nicht zu wenig öffnen.
  • Die Lippen sind ganz locker, weder in die Breite gespannt, noch nach vorn gezogen.
  • Die Zunge bildet eine deutlich sichtbare flache Schale.

Und so geht´s:

  • Atme ein paarmal vollständig ein und aus.
  • Atme dann tief in den Bauch und mit der Ausatmung sprich: A ...
  • Sprich den Vokal ohne Pause, bis du keine Luft mehr hast, der Vokal aber noch klar und deutlich klingt.
  • Wiederhole das Sprechen und achte darauf, daß du möglichst aus dem Bauch heraus und mit freier Brust sprichst, fast ein wenig singst, aber ohne dem A eine Melodie zu geben. Gib dem Vokal möglichst viel Klangraum.
  • Rufe dir die exakte Stellung von Mund, Lippen und Zunge in Erinnerung und wiederhole das Sprechen noch einige Male.

Besonders das A kann eine befreiende Wirkung ausüben. Experimentiere mit der Lautstärke und finde die Lautstärke, bei der das A am klarsten, reinsten und für dich angenehm klingt und du es angenehm und locker empfindest.

Der Vokal O

Die Stellung von Mund, Lippen und Zunge:

  • Beim Sprechen des O wird der Mund mehr geschlossen. Der Mundringmuskel zieht zur Mitte hin.
  • Die Lippen sind zu einem "O" gerundet und leicht vorgeschoben.
  • Die Hinterzunge hebt sich.

Und so geht´s:

  • Atme tief in den Bauch und beim Ausatmen sprich O ... ohne Pause, bis du keine Luft mehr hast.
  • Achte darauf, daß der Vokal immer klar und verständlich klingt.
  • Mache dir die Mund-, Lippen- und Zungenstellung beim O klar und berücksichtige das bei deinen weiteren Sprechübungen.

Der Vokal U

Die Stellung von Mund, Lippen und Zunge:

  • Der Ringmuskel des Mundes wird beim U am meisten angespannt. Der Mund ist beim U stärker noch als bei O zusammengezogen und geschlossen.
  • Die Lippen nehmen eine spitzgerundete Form ein, werden also vorgeschoben.
  • Die Hinterzunge wird bis zum Äußersten gehoben.

Das U bildet die eine Extremstellung von Mund, Lippen und Zunge. Beim Sprechen keines anderen Vokales ist der Mund so weit geschlossen, sind die Lippen so weit vorgewölbt und rund zusammengezogen und die Hinterzunge so weit gewölbt. Das exakte Gegenteil werden wir beim I, der anderen Extremstellung, beobachten.

Und so geht´s:

  • Atme ein und mit dem Ausatmen sprich U.
  • Halte den Ton, wie du es schon von den beiden anderen Vokalen getan hast.
  • Mache dir die Mund-, Lippen- und Zungenstellung beim Sprechen des U klar und versuche sie so genau wie möglich auszuführen.

Der Vokal E

Die Stellung von Mund, Lippen und Zunge:

  • Beim E wird der Mund breit gezogen, an den Ecken des Mundes nach außen. Die Zahnreihen berühren sich fast.
  • Die Lippen werden zurückgezogen.
  • Die Vorderzunge hebt sich.

Und so geht´s:

  • Atme ein paarmal ruhig und tief in den Bauch.
  • Atme ein und beim Ausatmen sprich E.
  • Halte den Ton solange - möglichst klar und gleichbleibend - bis du dafür keine Luft mehr hast.
  • Vergegenwärtige dir nochmal die Stellung von Mund, Lippen und Zunge beim Sprechen des E und führe deine nächsten Sprechexperimente nach Anleitung durch.

Der Vokal I

Die Stellung von Mund, Lippen und Zunge:

  • Die extremste Stellung mit dem Breitziehen der Mundecken nimmt das I ein. Jetzt berühren sich die Zahnreihen leicht.
  • Die Lippen sind nun sehr stark, durch das in die Breite gezogen werden, zurückgezogen.
  • Die Vorderzunge hat beim I ihren höchsten Stand erreich, kurz hinter den oberen Vorderzähnen.

So geht´s:

  • Wenn du willst, atme ein paarmal tief in den Bauch und achte darauf, daß du während der ganzen Sprechübung in den Bauch atmest.
  • Atme ein und sprich I, so wie bei den vorherigen Vokalen.
  • Erinnere die Stellung von Mund, Lippen und Zunge beim I und nimm diese Extremstellung bei deinen Sprechübungen ein.

Die Grundreihe: U - O - A - E - I

U, A und I werden als die Grundpfeiler des Vokalsystems bezeichnet. Wie dir bei den Beschreibungen der einzelnen Vokale sicherlich aufgefallen ist, bilden U und I die beiden Extreme und Gegensätze. Das A nimmt eine Mittelposition ein und ist von daher eine Art Umschlagpunkt zur einen oder zur anderen Seite.

Übe die ganze Reihe beispielsweise so:

  • Beginne mit A, dann gehe über zu O und dann zu U.
  • Beginne wieder mit A, dann gehe über E zu I.
  • Dann probiere A - I - A - U.
  • Oder I - U und wieder I - U.
  • Aber auch E - I.

Dem Anfänger fällt es oft schwer den Unterschied zwischen E und I eindeutig mitzubekommen und auszusprechen. Schau dir die Beschreibungen der Stellungen von Mund, Lippen und Zunge nochmal genau an und mache sie exakt nach. Und bitte bedenke, Breitziehen des Mundes beim I meint exakt das, d.h. den Mund so breit wie irgend möglich ziehen.

Übe alle möglichen Kombination der Vokale aus, aber übe auch die Reihe in der natürlichen Reihenfolge U - O - A - E - I mal von rechts oder von links beginnend.

Hinweise zur Stimmübung

Wenn du am Anfang gerne mit Spiegel üben willst, tue es. Bei einigen Durchgängen solltest du die Augen schließen und dich auf die Empfindung der einzelnen Stellungen konzentrieren, damit du lernst, wie sich die Stellungen "richtig anfühlen".

Bleibe beim Sprechen der Vokale ganz locker. Achte vor allem auf deine Schultern: locker lassen, fallen lassen, keinesfalls anspannen oder hochziehen.

Hole die Luft beim Sprechen so gut es geht aus dem Bauch. Gib den Vokalen möglichst viel Raum zum Schwingen. Du kannst eine Hand auf den Bauch legen - als Feedback-Mittel und zur Erinnerung an die Bauchatmung.

Anfangs klingen die Vokale noch ein wenig eigenartig und fremd. Auch kann es dir passieren, daß deine Stimme "bricht". Geduld! Die Stimme braucht Zeit, sich zu entwickeln. Und Heiserheit? Das passiert nur, wenn man sich beim Sprechen/Singen anspannt - daher: locker bleiben/werden. Das ist leichter gesagt, als getan, aber nochmals: Geduld und üben, üben und üben ... es lohnt sich!

Tip zur Stimmübung

Diese Übung ist eine sehr gute Vorübung für [Schwingende Vokale].

Literaturhinweise und Quellen

Die Kraft der Sprache

Vom Wesen der Vokale und Konsonanten

Heinz Ritter-Schaumburg
Literatur zu Tanzkleidung und Geschichte

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